Bis zu dem Zeitpunkt in dem ich in meine jetztige Lage gekommen war, habe ich mich nicht groß mit dem Thema Trauer beschäftigt.

Wahrscheinlich geht es uns allen so. Man will sich auch gar nicht damit auseinandersetzen und das ist grundsätzlich auch gut so.

Doch wir haben auch überhaupt nicht gelernt mit dem Thema Trauer umzugehen. Für sie ist kein Platz in unserer Gesellschaft.

Früher habe ich immer gedacht, eigentlich noch bis kurz vor Lenas Tod, dass ich mich möglichst schnell wieder ablenken würde. Möglichst schnell wieder arbeiten und in den Alltag stürzen würde.

Ich glaube, dass dies auch von vielen erwartet wird, halt einfach so weiter zu machen. Das Leben muss ja weitergehen.

                                                        Doch das geht nicht so einfach.

Trauer braucht ihre Zeit und ganz viel Raum um sie auszuleben, denn sie ist da und kann auch durch Ablenkung nicht weggelebt werden.

Ich habe mir dieses Recht genommen. Natürlich bin ich auch einem gewissen Alltag weiterhin nachgegangen. Mit einer vierjährigen Tochter geht das nicht anders. Aber ich habe mir so viel Zeit und Ruhe wie nur möglich für mich und meine Trauer genommen und nehme sie mir auch jetzt noch.

Ich habe mir Rituale geschaffen, in denen ich z.B. eine Kerze angezündet habe und traurige Musik gehört habe.

Es sind dann immer Tränen geflossen.

Dies ist auch kein "Hineinsteigern", wie vielleicht viele denken werden, denn Tränen fließen nur dann, wenn sie geweint werden wollen.

Diese Rituale bringen mir Lena immer sehr nah. Es ist Zeit, die ich nur mit ihr habe. Sonst ist sie ja nicht bei mir.

 

Doch ganz wichtig ist das Reden.

 Reden über meine Trauer oder aber einfach nur über Lena, denn sie ist Teil meines Lebens. Hätte ich nicht die Möglichkeit gehabt zu reden: Ich glaube ich wäre verrückt geworden.

Ich hatte in meinem engsten Kreis einige Personen mit denen ich sprechen konnte, doch noch viel wichtiger war und ist es für mich mit Menschen zu sprechen, die selbst ein Kind verloren haben. Sie können nachempfinden wie ich mich fühle.

Leider haben viele Betroffenen kaum jemanden, mit dem sie über ihre Gefühle sprechen können.

Sehr oft wird nicht verstanden, dass -meistens die Mütter- noch immer so leiden. Es wird unterstellt, sie steigeren sich hinein. Es wird behauptet, dass  ihr Kind doch noch gar kein richtiger Mensch war oder sie ihr Kind doch kaum kannten.

Es wird nicht verstanden, dass eine Mutter ihr Kind, dass sie in sich getragen hat, noch immer vermisst.

Diese Trauer wird einfach tabuisiert und oftmals ist es so als wäre da gar kein Kind gewesen, kein Mensch, der doch gelebt hat.

Ich fand die "gutgemeinten" Tröstungsversuche oftmals so schlimm. Ich weiß nicht wie oft mir gesagt wurde es sei ja besser so gewesen oder es wäre, hätte Lena länger gelebt, noch schlimmer geworden.

Was nützen mir derartige Äußerungen in meiner Trauer? Was ist gut daran, dass mein Baby nicht mehr lebt. Weil sie so früh gestorben ist, ist es weniger schlimm? Wer kann das beurteilen? Bagatellisiert es nicht meine Trauer?

Ich will hier niemanden anklagen. Vielleicht hätte ich bis vor kurzem genauso geredet.

Ich will nur zum Nachdenken anregen über die Worte, die viele einfach so aussprechen ohne darüber nachzudenken und die sehr verletzen können.

Das Zuhören ist hier viel wichtiger, die stille Anteilnahme, vielleicht eine Umarmung, denn wirklichen Trost gibt es nicht.

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